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Zurich Center for Integrative Human Physiology (ZIHP)

Editorial - Wie Corona unsere Gesellschaft verändern könnte

Max Gassmann

 

Liebe Leserin, Lieber Leser

Corona fegt wie ein endloser Tsunami über unseren Globus und schaukelt uns heftigst durch, durch und durch, ohne uns eine Gewissheit zu geben, wie und wann es seine Wellen abklingen lassen wird. Das Ablaufdatum ist unbekannt. Das Virus beherrscht unser Spitalpersonal, unsere Politiker, Journalisten und ganz besonders unser Denken. Unser Alltag ist nicht mehr alltäglich. Was heute gilt ist morgen schon Schnee von gestern. Was passiert mit uns jetzt? Wohin führt uns diese ungewollte Reise, dieser Albtraum? Wann soll der Lockdown gelockert werden? Oder droht uns gar die Ausgangsperre? Milliardenverluste bahnen sich an, die Wirtschaft hinterfragt die Volksgesundheit.

Corona hat das geschafft, was es bisher noch nie gegeben hat: wir stehen still und halten «social distance» (hoffentlich nicht, sondern eher «physical distance»). Die Notwendigkeit hierfür wird uns in bewundernswerterweise täglich von Daniel Koch (den ich gerne als «Ruhe der Nation» bezeichne) näher gebracht. Gelingt es uns nicht, den Ansturm auf die Spitäler in Grenzen zu halten, werden die Betten auf den Intensivstationen rar: wer entscheidet wie und wann, welcher Patient versorgt wird und welcher nicht?

 

Portrait Gassmann
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Prof. Max Gassmann, Vorsitzender des Leitungsausschusses des ZIHP.

 

Wir sorgen uns um unsere Nächsten und unterstützen die selbstaufopfernden Spitalangehörigen, aber gleichzeitig wird gehamstert, was das Zeug hält, und Gesichtsmasken werden zu Wucherpreisen verhökert. Wir schütteln uns nicht mehr die Hände und an die drei schweizerischen Begrüssungsküsschen erinnern wir uns kaum noch. Werden diese Traditionen in der post-Coronazeit ganz verschwinden? Werden wir Corona-Scheidungen sowie Corona-Boomers erleben? Was lernen wir aus dem Homeoffice und Homeschooling?

Wird diese Pandemie die Unterrichtsformen grundsätzlich verändern, auch an den Universitäten? Wie schnell wird sich die Wirtschaft erholen und wer sind die Gewinner, wer die Verlierer? Wie bewältigen wir diese gigantischen Schulden, die sich nun täglich anhäufen? Zur Erinnerung: seit dem 2. Weltkrieg bezahlen wir in der Schweiz die Wehrsteuer. Diese heissen heute «direkte Bundessteuer».

Wird die Demokratie so bleiben, wie wir sie kennen? Wie viel Freiheit geben wir für unsere Gesundheit preis? Einige Länder lassen bereits zu, dass die Mobiltelefone geortet werden oder dass auf die individuellen Biodaten (z.B. Körpertemperatur) zurückgegriffen wird. Werden all diese jetzt notwendigen Massnahmen nach der Krise wieder abgestellt?

Vielleicht kommt es aber ganz anders. Der virale Tsunami führt uns vor Augen, dass wir Menschen nur gemeinsam in die Zukunft schreiten können, auf einem Weg mit weniger Hektik und mehr Lebensqualität. Die Weichen werden jetzt neu gestellt, wir sind alle nun gefordert. Die jüngere Generation erst recht.

Ich bin sehr gespannt zu sehen, wie wir die Situation akut meistern und wie wir diese Erfahrung in die Zukunft mitnehmen. Unsere ZIHP-Serie «Wissen-schafft Wissen» vom Frühling 2020 ist - wie alle Veranstaltungen - regelrecht von diesem viralen Tsunami weggefegt worden. Wir vom ZIHP kennen Ihren Wissensdurst, liebe Lesende. Darum wollen wir, Sabina Huber, Stefanie Keiser und ich, in (un)regelmässigen Abständen Experten und Expertinnen zu Wort kommen lassen, die sich um das «Heute» aber auch um das «Morgen» Gedanken machen. Mit kurzen, prägnanten Artikeln sollen sie ihre Sorgen und Visionen wiedergeben. Vieles ist schon geschrieben worden, die Medien überquellen mit Informationen. Hier geht es darum, diese verschiedensten Gedanken auf kleinstem Raum zu dokumentieren und diese auch gleich auf den neusten Stand zu bringen. Zu volatil sind die Prognosen, die sich innert Kürze verflüchtigen. Zu Wort kommen sollen nicht nur Fachpersonen aus der Medizin und aus der Epidemiologie, sondern auch unsere Expert*innen aus Ethik, Psychologie, Pädagogik, Soziologie, Theologie, Wirtschaftswissenschaft, sowie Evolutionsfachleute, CEOs, Politiker*innen u.v.a.m. Der erste Beitrag leistet ZIHP Mitglied Prof. Philippe Tobler, Neuroökonom und Sozialneurowissenschaftler am Department of Economics der Universität Zürich, der uns einen guten Ratschlag zum Umgang mit dem überbordenden Nachrichtenkonsum gibt. Wir warten gespannt auf weitere Beiträge unserer Fachpersonen, die uns den Weitblick erlauben werden und Diskussionen entfachen sollen. Ich wünsche Ihnen viel Geduld, Ausdauer, Zuversicht und noch viel mehr Gesundheit.

Auf bessere Zeiten

Ihr Max Gassmann

 

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